Technische Grundlagen zum "Tal der Ahnungslosen"
In Dresden herrschte ein sehr schlechter Empfang von westlichen Medien. Technisch lassen sich Empfangsprobleme mittels der physikalischen Eigenschaften von elektromagnetischen Wellen erklären. Vielen Dank an Herrn Ulrich Zander für ein aufklärendes Gespräch. Hier ein kleiner Exkurs:

Technik
Auf der oben stehenden Grafik sind im orange markierten Bereich die damals von Radio und Fernsehen benutzten Frequenzen zu sehen. Grundlegend müssen für Radio / Fernsehen Funkwellen von einer Sendestation aus entsandt und anschließend durch ein Empfangsgerät aufgenommen werden.
Es ist festzuhalten, dass Radio über längere Wellen und Fernsehen über kürzere Wellen ausgesendet wurde:
-
Radio über Langwelle, Mittelwelle, Kurzwelle und Ultrakurzwellen.​
​
-
Fernsehen über UHF (Ultra High Frequency) sowie VHF (Very High Frequency) gesendet.​​​​​​​​​​​​​​​​​​​

Im nächsten Schritt ist es wichtig, die Lage des "Tals der Ahnungslosen" zu betrachten. In der Karte ist Dresden mittels roter Maskierung gekennzeichnet. Hier sieht man anhand der Reliefstruktur deutlich die Lage im Tal.
​
Nun ist es so, dass Berge ein natürliches Hindernis für kleine elektromagnetischen Wellen darstellen, da kleine Wellen diese nicht passiert werden können.
​​​​​​​​​​​​​​​​​​
Topografie
Wann war ein guter Empfang möglich?
Für einen guten Empfang benötigt man neben einem möglichst ebenem Relief eine gute Signalstärke sowie eine ungestörte Signalausbreitung.
Die Signalausbreitung wurde gewollt (Störsender der Nationalen Volksarmee) sowie ungewollt (Doppelbelegung von Sendefrequenzen) gestört.​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​


Auf der nebenstehenden Karte sind die Standorte der Sendestellen (ausgehend von Funktürmen) für die ARD während der deutsch-deutschen Teilung markiert (Grün) und mit den Ausbreitungseinschränkungen für eine Wellenlänge von 189,25 MHz (Sendekanal 7) kombiniert.
​
Somit ergibt sich das schwarz markiert Funkloch
um Dresden - das "Tal der Ahnungslosen" (wie in Kurz und Knapp erwähnt, gab es ebenfalls in Vorpommern Probleme mit dem Empfang)
Kombination der Erkenntnisse
Zusammenfassung
Das Problem des Empfangs liegt also maßgeblich an der Wellenlänge und Signalstärke der ausgesendeten Programme: Die weit östliche sowie entfernte Lage zu den Sendestandorten der westlichen Fernsehsender in Kombination mit dem Relief um Dresden, machten einen Empfang von Westsendern (sehr kurze Wellen) so gut wie unmöglich.
Da jedoch gilt: je größer die gesendete Wellenlänge, desto größer ist jedoch die Beugung der Wellen, konnten Radiosender (Lang- und Mittelwelle, teilweise sogar UKW) auch im "Tal der Ahnungslosen" empfangen werden. Wenn auch nicht in bester Qualität.
Wichtig
Die Empfangsprobleme waren in weiten Teilen in der DDR nicht vorhanden. Daher wurde einfach eine entsprechenden Antenne ausgerichtet bzw. mittels Empfangsgerät die Frequenz der "Westsender" empfangen.
​
Im Jahr 1987 wurde der erste Satellit mit der Aufgabe Fernsehen auszustrahlen auf Seite der BRD in das All geschickt. Diese Frequenzen waren deutlich resistenter gegenüber der Topografie sowie Entfernung. Ein Empfang konnte allerdings nur mit Parabolspiegeln erreicht werden - diese waren in der DDR jedoch nur auf Zuweisung zu bekommen.
Im folgenden Video wird nochmals sehr anschaulich die Empfangsproblematik dargestellt (Quelle im Anhang):
Fazit
So bildete sich also eine Grenze des Fernsehempfangs, um den Bereich Dresden - die den Bereich des "Tals der Ahnungslosen" markierte. Die Fragestellung zur Entstehung kann nun als abgeschlossen betrachtet werden.
Jedoch eröffnen sich mit der Erkenntnis des potenziellen Empfang in Dresden und gesicherten Empfang in weiten Teilen der DDR weitere Themenschwerpunkte:
​
Konnte man die Funkgrenze umgehen - gab es Möglichkeiten, dass Informationsvakum zu durchbrechen? (bezogen auf Dresden)
​
Musste man Repressionen erwarten, wenn man den Willen zeigte, westliche Medien zu konsumieren - gab es einen Unterschied zum Rest der DDR?
1. ​​Wie erwähnt, ist mit der Etablierung der Satellitentechnik waren ganz andere Vorraussetzungen hinsichtlich der Empfangslage gegeben. Ob man in Dresden erst 1987 profitieren oder dies schon vorher der Fall war ist auf der Seite zu den Antennengemeinschaften zu finden.
​
2. Wie im Abschnitt Medienstrukturen erwähnt, wurden Information in Medien der DDR zensiert und gefiltert. Nun ist die Frage, wenn man aus diesem System ausbrach, ob daraus Konsequenzen und Repressionen entstanden. Antworten finden sich hier​​​​​​
Quellen:
Literatur:
-
Die meisten Informationen dieser Seite stammen aus dem aufschlussreichen Gespräch mit Herrn Ulrich Zander - für weitere technische Details hier der Internetauftritt von Herrn Zander: https://www.sax.de/~zander/​
​
​Bilder:​
-
Datenlizenz Deutschland – 01, M-33-VIII-Dresden, UTM32 – Version 2.0 - www.govdata.de/dl-de/by-2-0
-
Fritz Meier - Reichweite vorwiegend nach Berichten/nach einer groben computerberechneten Feldstärkenprognose, CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11929071
-
Horst Frank / Phrood / Anony - Horst Frank, Jailbird and Phrood, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3726606
-
Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende, SRTM | Kartendarstellung: © OpenTopoMap (CC-BY-SA)
​​
Video:
-
100Sekunden Physik: https://www.youtube.com/embed/ZwT2xpSYyxA?si=7ZWCp0jSCXtBhnz4&controls=0&​​
